Die wichtigsten Ansprechpartner bei Symptomen, die auf Multiple Sklerose hindeuten könnten, sind der Hausarzt und ein Neurologe, also ein Facharzt für Nerven. Derzeit gibt es noch keine einzelne Diagnoseform, die Multiple Sklerose sicher nachweisen kann. In der Regel ergeben erst mehrere Verfahren ein klareres Bild.
Der Arzt wird sich zunächst mit der Frage nach bisherigen Krankheiten beschäftigen. Dieses Arzt-Patientengespräch bezeichnet man als Anamnese. Dabei wird auch nach früheren Infektionen gefragt, ebenso nach Symptomen, Medikamenteneinnahmen, Krankheiten unter Blutsverwandten sowie Allergien. Dann folgt meist eine neurologische Untersuchung zur Diagnose von Multipler Sklerose.
Bei der neurologischen Untersuchung wird unter anderem geprüft:
Die genauen medizinischen Aspekte, die geprüft werden, sind:
Dies kann – zusammen mit der Anamnese – erste deutliche Anzeichen für Multiple Sklerose liefern.
„Evozierte Potenziale“ heißt so viel wie „hervorgerufene Kapazitäten“. Damit ist gemeint, dass ein Sinnesorgan einem entsprechenden Reiz ausgesetzt wird. Wird z. B. mithilfe der Augen gearbeitet, muss ein optischer Reiz gegeben werden. Dies kann beispielsweise mit einem wechselnden Schachbrettmuster geschehen. Dann müssen die Nervenbahnen diese Reize weitertransportieren. Sie tun dies in Form elektronischer Signale. Gemessen wird dabei, wie viel Zeit vergeht, bis eine Reaktion des Gehirns auf den Reiz eintritt. Einen solchen Reiz nennt man auch Stimulus. Wenn der Prozess verlangsamt ist, kann dies auf eine Entzündung am Sehnerv zurückzuführen sein und somit ein Hinweis auf Multiple Sklerose sein.
Um eine Probe vom Nervenwasser zu bekommen, führt der Arzt eine Lumbalpunktion durch. Dabei wird zwischen dem zweiten und fünften Lendenwirbel eine Punktionsnadel eingeführt, mit deren Hilfe Nervenwasser entnommen wird. Das Nervenwasser wird dann labortechnisch untersucht. Wenn sich spezifische Eiweiße gehäuft finden, sogenannte oligoklonale Banden, spricht dies für Multiple Sklerose. Die Entzündungszellen können leicht vermehrt sein.
Die Magnetresonanztomografie wird auch Kernspintomografie genannt. Mit ihr werden bildliche Darstellungen des Gehirns gemacht. Bei einer Magnetresonanztomografie werden dafür keine Röntgenstrahlen, sondern starke Magnetfelder genutzt. Die Aufnahmen des Gehirns zeigen meist schon im frühen Stadium (bei über 80 Prozent der Betroffenen) erkennbare Veränderungen. Diese lassen erste Rückschlüsse auf Entzündungen zu. Im späteren Verlauf der Krankheit haben fast allen Patienten diese Veränderungen, die sich bei einer Magnetresonanztomografie erkennen lassen.
Derzeit gibt es noch keine Blutuntersuchung, die Multiple Sklerose eindeutig nachweisen kann. Es gibt aber bestimmte Laborparameter, um andere Krankheiten, die ursächlich für die Symptome sein könnten, auszuschließen. Zu den üblichen Parametern, die bei einer Blutuntersuchung zur Diagnose von Multipler Sklerose bestimmt werden, gehören unter anderem: Blutbild, Leberwerte, Nierenwerte und Anzeichen (Marker) für Entzündungen. Diese Werte werden durch das Vorliegen von Multipler Sklerose nicht verändert.
Um Multiple Sklerose sicher zu diagnostizieren, orientieren sich Ärzte an den sogenannten McDonald-Kriterien. Nach diesen ist die Diagnose Multiple Sklerose sicher, wenn die Symptome und Beschwerden sowohl räumlich als auch zeitlich verteilt sind. Räumlich meint in diesem Zusammenhang die Entstehung mehrerer Entzündungsherde, zeitlich die Entstehung mehrerer Schübe. Wenn also zwei Krankheitsschübe in einem Abstand von mindestens vier Wochen auftreten oder die Magnetresonanztomografie im Vergleich zur vorherigen Aufnahme einen oder mehrere neue Entzündungsherde erkennen lässt, steht die Diagnose in der Regel fest.
Eher selten wird die Diagnose Multiple Sklerose schon nach dem ersten Schub gestellt. Dies passiert dann, wenn schon die erste Magnetresonanztomografie neue und ältere Entzündungsherde anzeigt. Wenn die Diagnose noch nicht abschließend gestellt werden kann, muss man unter Umständen warten, bis ein neuer Schub eintritt oder eine neue Untersuchung erfolgen kann. Dies fordert dem Patienten in einigen Fällen einiges an Geduld ab.
Fedor Singer